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Predigt zum 3. Advent, Lj B, 17.12.2023, Vogelsburg, Volkach

„Wo der Geist Gottes in Menschen wirkt, geschieht unendlich viel Gutes!“

„Bei der Botschaft des Dritten Adventes geht es um den persönlichen Bezug zu Jesus, zu seiner Frohen Botschaft und zu seinem Umgang mit dem Leben“, sagte Domkapitular Clemens Bieber bei seiner Predigt in der Kirche Mariä Schutz auf Vogelsburg bei Volkach. „Es kommt auf den Geist an, aus dem heraus wir alle – die Regierenden wie das Volk, Amtsträger wie die Gläubige – denken, handeln und leben ... Deshalb ist es wichtig, dass wir uns gerade in dieser schwierigen Zeit im Glauben stärken lassen und ihn dann überzeugend bekennen.“

Die Predigt im Wortlaut:

Am kommenden Dienstag entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über den sogenannten „Kreuzerlass“ der Bayerischen Staatsregierung. Seit 2018 sollen in öffentlichen Gebäuden des Freistaates Kreuze hängen. Der Bund für Geistesfreiheit hält die Verordnung von 2018 für rechtswidrig. Nachdem die Klage vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im vergangenen Jahr schon abgewiesen wurde, wird darüber nun in Leipzig verhandelt. Sollte das Bundesverwaltungsgericht die Klage abweisen, so haben die Kläger schon angekündigt, dass sie bis vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen werden.

Der Bund für Geistesfreiheit sieht in dem Erlass eine Verletzung der Grundrechte auf Gleichbehandlung sowie auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit. Die Bayrische Staatsregierung argumentiert dagegen, dass sich mit den Kreuzen in den Behörden keine Glaubensinhalte verbinden. Die Kreuze stünden als ein Verweis auf die bayrische Wertetradition.

In der Tat hat Bayern 1946 ausdrücklich den Gottesbezug in seine Verfassung aufgenommen. Bayern ist sich seiner christlichen Wurzeln sehr bewusst. Diesen Grundsatz gilt es zu pflegen und er ist im sogenannten „Kreuzeserlass“ zum Ausdruck gekommen. In der Präambel der Bayerischen Verfassung heißt es, dass ein Staat ohne Gott zu einem Trümmerfeld geführt hat – ohne Gewissen und Menschenwürde. Der Artikel 131 der Verfassung gebietet dann Toleranz gegenüber der Ehrfurcht vor Gott. Und damit ist meines Erachtens die christliche Leitkultur verfassungsgemäß ausgedrückt. Wenn aber schon der Gottesbezug in der Verfassung vorkommt, ist das konkrete, sichtbare Symbol dieses Gottesbezuges, das Kreuz, die Konsequenz. Der „Kreuzerlass“ von 2018 war ja keine Neuerung, es war ja vorher schon so, dass weitgehend in Gerichten, Schulen und Behörden Bayerns das Kreuz hing.

Klar ist auch, dass Kreuze nicht nur zur Verehrung dienen, sondern auch Symbole sind wie z.B. ein Gipfelkreuz. Im Bayerischen Landtag hängt seit 1948 an zentraler Stelle im Treppenhaus ein monumentales spätgotische Kreuz aus der Zeit um 1520. Es ist dort ganz bewusst angebracht als ein Symbol. Durch das Kreuz wird ausgedrückt: Ich bin nicht die letzte Instanz, ich bin nur ein Mensch, über mir steht Gott als Richter, ich verantworte mich gegenüber Gott, der mein Richter sein wird. Für mich ist das eigentlich etwas sehr Trostvolles.

Genau das ist der Punkt, der geklärt werden muss: ob ein Staat die Möglichkeit hat, eine Leitkultur vorzugeben und wie das verfassungsrechtlich zu fassen ist. Meines Erachtens ist der Verfassungswille – nach der Erfahrung des totalitären Staates im Dritten Reich – durch seine Urheber gegeben und besteht somit.
Auch in der bundesdeutschen Verfassung steht der Gottesbezug in der Präambel. Hier heißt es „im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen“. Wer die Situation und die Mentalität in Bayern bislang kennt, wird sagen, das Kreuz ist nichts Fremdes oder Ungehöriges, sondern es ist etwas Vertrautes. „Das ist Realität und Normalität. Und das sollten wir uns in Bayern nicht wegnehmen lassen“, sagte in diesen Tagen ein Verfassungsrechtler in einem Interview.

Im Gegensatz dazu gibt es die aktuellen Erkenntnisse der KMU, der Kirchen-Mitglieder-Untersuchung. Demnach haben 80 Prozent der Bundesbürger keinen Glauben mehr. Selbst 40 Prozent derer, die noch zur Kirche gehören, teilen unseren Glauben an den menschgewordenen, den gekreuzigten und auferstandenen Gott nicht mehr. Wenn also der christliche Glaube immer mehr in die Minderheit gerät, könnte die Frage nach der Bedeutung des Symbols und der Rechtfertigung für die öffentliche Anbringung gestellt werden.

Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der KMU-Studie äußerten sich u.a. eine Reihe von Politikern und zwar verschiedener Parteien. Sehr besorgt stellten sie fest, dass gerade die Kirchen unverzichtbar seien für das gesellschaftliche Gefüge. Mit ihren klaren ethischen Positionen und insbesondere durch ihre vielfältigen sozialen und caritativen Dienste erwiesen sie sich als Orientierungshilfen und sogar „Kitt“ in der Gesellschaft.

Interessant ist für mich eine weitere Feststellung der erwähnten Studie, dass nämlich in den neuen Bundesländern, wo die Kirchen ohnehin in der absoluten Minderheit sind, gerade dort die Menschen eine starke Bindung zu Glaube und Kirche haben. Sie haben sich dort schon in Zeiten der DDR zur Kirche bekannt. Die Bindung zur Kirche setzt offensichtlich eine persönliche Entscheidung voraus. Insofern passt das zur Erkenntnis der KMU-Studie: Wenn ich schon keinen Glauben habe, brauche ich auch keine Kirche.

Es kann also nicht beim Anbringen des Kreuzes als Symbol für eine bestimmte Lebenshaltung oder Tradition bleiben, es braucht das gelebte Zeugnis und die Haltung aus dem Geist der Frohen Botschaft. In all den Unsicherheiten, der Orientierungs- und Hilflosigkeit unserer Tage braucht es uns als Kirche und unser Zeugnis für die Frohe Botschaft. Es braucht Menschen mit Engagement, mit Überzeugungskraft und Glaubwürdigkeit.

Diese Grundhaltung hat mit der eigenen Sicht des Lebens zu tun und mit dem Horizont, unter dem ich lebe, ob ich nur den Augenblick auskoste oder auf eine größere Perspektive, nämlich auf Gott hin lebe.

In der Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja haben wir gehört: „Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe und alle heile, deren Herz zerbrochen ist …“
Hier geht es um Identität, um das, was mich im Innersten ausmacht und mein Handeln motiviert. Es geht um die geistige Grundlage meines Lebens und Wirkens.

Das betont auch Johannes der Täufer, wie wir im Evangelium gehört haben. Er bezeichnet sich nur als Stimme und will dem den Weg ebnen, auf dem der Geist Gottes ruht, in dem der Geist Gottes lebt.
Wo der Geist Gottes in Menschen wirkt, da geschieht – wie es dann an Jesus deutlich wurde – unendlich viel Gutes, da verändert sich die Welt zum Besseren, da wird ein gerechtes Miteinander möglich, da hat Leben Zukunft. Deshalb kommt es gerade jetzt darauf an, dass wir uns als Christen, als Kirche, mit klarer Haltung und konsequentem Engagement für das Lebens einsetzen.

Bei der Botschaft des Dritten Adventes geht es um den persönlichen Bezug zu Jesus, zu seiner Frohen Botschaft und zu seinem Umgang mit dem Leben.
Bloße Verordnungen taugen nicht, machen nicht nachdenklich und überzeugen nicht. Es kommt auf den Geist an, aus dem heraus wir alle – die Regierenden wie das Volk, Amtsträger wie die Gläubige – denken, handeln und leben.
Es ist Advent, es wird wirklich Zeit, dass wir und alle, die sich zu Jesus bekennen, sich IHM wieder zuwenden! Deshalb ist es wichtig, dass wir uns gerade in dieser schwierigen Zeit im Glauben stärken lassen und ihn dann überzeugend bekennen. Dann erübrigt sich die Frage nach der Bedeutung des Kreuzes und seiner Botschaft für unsere Gesellschaft und die Welt.

Ich bin gespannt auf die Entscheidung der Richter am Bundesverwaltungsgericht kommenden Dienstag. Und wie immer deren Urteil ausfällt, es kommt darauf an, dass wir als Christen deutlich machen, dass die Botschaft des Kreuzes allen Menschen und ihrem Miteinander Hoffnung, Zuversicht und Frieden schenkt! Darauf hinzuweisen ist unser Auftrag. So hat es der Täufer Johannes getan.

Domkapitular Clemens Bieber
www.caritas-wuerzburg.de

Text zur Besinnung

Herr,
der Täufer Johannes war in besonderer Weise dein Vorläufer,
doch wir leben als Menschen alle im Vorläufigen,
oft gehen wir nur mit Mühe unseren Lebensweg,
alle Ziele sind nur vorläufige Stationen,
wir haben keine bleibende Stätte hier auf Erden.

Johannes hat es uns vorgemacht, als Vorläufer zu leben,
in adventlicher Haltung,
willig, die ihm gestellte Aufgabe anzunehmen,
bereit, seine Grenzen zu akzeptieren,
auf Größeres ausgerichtet,
für den Kommenden offen.

(Autor unbekannt)