Das Wirken H. G. Bückers in Würzburg
Sechs Wochen nach dem Heimgang des Künstlers Heinrich Gerhard Bücker gedenken wir seiner an dem Ort, an dem er sein wohl größtes Werk gestaltet hat. Wir tun es in großer Dankbarkeit für sein gesamtes Schaffen, insbesondere für alles, was er uns in Würzburg hinterlassen hat. Erinnert sei an den Kiliansschrein in der Neumünsterkrypta und an den dortigen Kreuzweg, an die Darstellung von zwölf Heiligen und Helfern im Hohen Chor unseres Domes und an das Bonifatiusportal für Behinderte. Vor unseren Augen ist das Gesamtkunstwerk, das er in dieser Kirche geschaffen hat.
Das Vermächtnis H. G. Bückers
Wort Gottes
Hier und in vielen Kirchen finden wir ein besonderes Werk Bückers. Viele nennen es „Bücker-Bibel“. Sie vereint die mit einem Holzkeil geschriebenen Texte der Heiligen Schrift mit großformatigen Tuschzeichnungen. Es war seinerzeit ein Wagnis, ohne Auftrag und ohne Aussicht auf eine hinreichende Finanzierung eines so großen Projektes, dieses Werk zu beginnen und zu vollenden. Für Bücker gehörte es zu der Aufgabe, der er sich sein Leben lang gestellt hat, das Wort Gottes mit den Mitteln der Kunst weiterzugeben. Dass er bemüht war, es so gut es geht wahrzunehmen, zeigen die vielen exegetischen Bücher in seinem Haus. Es sind weitaus mehr als die meisten Theologen besitzen. So fand und gestaltete er biblische Motive, die bis dahin nicht aufgegriffen worden waren. Kaum war ein Zyklus abgeschlossen, dann machte er sich an den nächsten. Das geschah ohne einen Auftrag von außen im Gehorsam zu dem Auftrag von innen. Fragte man ihn, was er zurzeit tue, antwortete er nicht selten: „Ich bible“. Er hat es bis kurz vor seinem Tod getan.
Zelt Gottes
Seine Vertrautheit mit dem biblischen Zeugnis zeigt sich in dieser Kirche wohin wir auch schauen. Sie hat zur Folge, dass er durch die einzelnen Kunstwerke uns weiterhin Wesentliches mitteilen kann. Überragend groß steht der wiederkommende Herr inmitten seiner Kirche, die durch die sieben Leuchter repräsentiert wird. So entspricht es den Worten, die uns vom Thron Gottes zugesprochen werden: „Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein“ (Offb 21,3). Er ist da, um das Werk der Erlösung zu vollenden. Er wird alles neu machen: „Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war ist vergangen“ (Offb 21,4). Auf die persönlichste Weise wendet er sich jedem Einzelnen zu: „Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen“ (Offb 21,4). Mehr noch: Er verheißt: „Ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein“ (Offb 21,4).
Stadt Gottes
Dass der Herr alles neu macht, dass er einen neuen Himmel und eine neue Erde schafft (Offb 21,1), zeigt „die Heilige Stadt, das neue Jerusalem“, das von Gott her vom Himmel herabkommt (Offb 21,2). Oben in der Apsis ist es dargestellt. Das Lamm Gottes, das sein Blut für die Welt vergossen hat, wird seine lebenspendende Mitte und zugleich sein alles erhellendes Licht gemäß den Worten: „Die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm“ (Offb 21,23). Das alte und das neue Gottesvolk sind in der heiligen Stadt vereint. Das zeigen die Namen der zwölf Stämme Israels und die der zwölf Apostel an, die sich jeweils über und unter den zwölf Toren finden. Das entspricht der besonderen Hochachtung Bückers vor dem jüdischen Volk, die er in manchen großen Werken bekundet hat. Die Tore sind für alle geöffnet. Alle, „die im Lebensbuch des Lammes eingetragen sind, werden eingelassen“ (Offb 21,27). Diese Offenheit hat Bücker in den Ältesten zum Ausdruck gebracht, die unter der Kuppel mit ihren Harfen den Allherrn verehren. Er hat sie so gestaltet, dass sie alle Erdteile repräsentieren.
Das gesamte himmlische Jerusalem ist in einer Kreuzstruktur dargestellt.
Wir verkünden Christus den Gekreuzigten
Das gehört zu der zentralen Botschaft, die das gesamte Schaffen Bückers durchzieht. Sein erstes größeres Werk ist der Kreuzweg, den der 21-Jährige 1943 für seine Pfarrkirche in Vellern geschaffen hat. Seither hat er immer wieder Kreuzwegstationen gestaltet. Auch in dieser Kirche hat er es getan. Dabei sollten keine bescheidenen Andachtsbilder entstehen, die man leicht übersehen kann; bewusst schuf er große Stationen. Von jedem Platz der Kirche aus ist die eine oder andere zu sehen. Insgesamt gehören sie zu dem kreuzförmig gestalteten himmlischen Jerusalem. Das Kreuz, das der Herr für uns getragen hat, führt hin zur himmlischen Herrlichkeit. Die Liebe, die er uns bis zum letzten Blutstropfen erwiesen hat, ist die Quelle aller Gaben, die wir dem Herrn verdanken. Das ist die Botschaft der vielen Kruzifixe, die Bücker im Lauf seines Lebens in allen Formaten gestaltet hat. Seine Botschaft lässt sich mit dem Leitwort Julius Döpfners wiedergeben: „Wir verkünden Christus den Gekreuzigten“ (1 Kor 1,23).
Möge der Herr seinen treuen Diener für immer in seine himmlische Herrlichkeit aufnehmen. Möge er wahrmachen, was er verheißen hat: „Wer siegt, wird dies als Anteil erhalten: Ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein“ (Offb 21,7). Amen.