Fernandez ist ein enger Vertrauter des Papstes. Nun fällt ihm die Aufgabe zu, den Glauben zu bewahren und weiterzugeben.
Auffallend ist das Schreiben, das der Papst dem künftigen Glaubenspräfekten an die Hand gibt. Darin heißt es, es gebe nicht nur eine einzige Ausdrucksform von Wahrheit. Verschiedene Richtungen des Denkens könnten die Kirche weiterbringen. Fernandez solle theologische Erkenntnis fördern – ohne ein „Feind“ zu sein, der andere kritisiert und verurteilt.
In seinem Schreiben achtet Franziskus darauf, das Ideal der kirchlichen Einheit hochzuhalten. Aber offensichtlich glaubt er an ein weiteres Ideal: Toleranz. Franziskus will keine Glaubenskongregation, die Angst verbreitet und Ideen unterdrückt, die von der herkömmlichen Lehre abweichen. Der Papst sendet ein Signal der Offenheit.
Wie weit diese Offenheit reichen wird, muss sich zeigen. Niemand weiß, wie viel Zeit Franziskus noch bleibt. Zudem haben sich in seinen Jahren als Papst Signale der Öffnung und Stoppsignale laufend abgewechselt. Der Papst wünscht nach eigener Aussage mutige Schritte. Aber wer mutige Schritte gehen will – zum Beispiel bei der Aufwertung von Laien auf Kosten der priesterlichen Autorität – kann fest damit rechnen, von Rom zurückgepfiffen zu werden. Der Papst hat den Synodalen Weg in Deutschland zugelassen und ihn zugleich durch Wortmeldungen abgewertet. Franziskus sendet widersprüchliche Signale.
Doch insgesamt hat sich die Kirche in den zehn Jahren unter Franziskus geöffnet. So viel Individualismus und Streben nach Selbstbestimmung wie derzeit gab es im katholischen Raum wohl noch nie. Egal wie widersprüchlich Aussagen und Schritte des Papstes sein mögen – sein Name steht für eine kirchliche Öffnung, für die es höchste Zeit war.
Ulrich Bausewein