Würzburg (POW) Was ist ein Seliger? Was verbirgt sich hinter dem Begriff Diözesanproprium? Gibt es einen eigenen Ritus der Seligsprechung? Antworten auf Fragen rund um die Seligsprechung des Märtyrerpriesters Georg Häfner am 15. Mai in Würzburg gibt der Liturgiereferent der Diözese Würzburg, Dr. Stephan Steger.
Selige – Heilige
Selige und Heilige sind Männer und Frauen, die aufgrund ihrer Vorbildfunktion und ihres Glaubenszeugnisses von den Christen verehrt werden. Zugleich werden sie im Wissen um ihre bereits erreichte Nähe zu Gott als Fürsprecher bei Gott angerufen (Allerheiligenlitanei). Seit dem Mittelalter gibt es eine formale Anerkennung durch Rom, seit 1614 ein geordnetes Verfahren bei der Heiligsprechungskongregation (Ritenkongregation). Selige erfreuen sich lokaler Verehrung, Heilige werden von der ganzen Kirche verehrt.
Liturgisches Formular
Für jeden Seligen und Heiligen der Kirche gibt es bestimmte Gebetstexte für die Feier der Messe und des Stundengebets am Fest- oder Gedenktag des Seligen/Heiligen. In jedem Fall existieren ein eigenes Tagesgebet und eine Eigenlesung für die Stundenliturgie. In der deutschsprachigen Tradition finden sich auch ein spezielles Gabengebet und Schlussgebet und bei besonderen Seligen/Heiligen eine eigene Präfation. Diese Texte werden – außer bei der Seligsprechung selbst – einmal jährlich am Gedenk- beziehungsweise Festtag des Seligen verwendet.
Diözesanproprium
Mit der Seligsprechung wird der Selige automatisch in das Diözesanproprium aufgenommen. Das Diözesanproprium umfasst die Gedenk- und Festtage aller speziell in der Diözese verehrten Heiligen und Seligen (zum Beispiel Kilian, Bruno, Burkard), aber auch weitere diözesaneigene Feste (zum Beispiel Domkirchweihe, allgemeines Kirchweihfest).
Gedenktag
Der Gedenktag eines neuen Seligen ist der jährlich wiederkehrende Tag, an dem in den gottesdienstlichen Feiern speziell des Seligen gedacht wird und die entsprechenden liturgischen Texte Verwendung finden. In der Regel handelt es sich beim Gedenktag um den Todestag des Seligen.
Seligsprechung – Ritus
Für die Selig- und Heiligsprechung gibt es keinen expliziten liturgischen Ritus. Die feierliche Verkündigung des Päpstlichen Schreibens und die Enthüllung eines Bildes des Seligen zeigen den Akt der Seligsprechung an. Anschließend wird die Heilige Messe im Gedenken an den Seligen zum ersten Mal mit dem entsprechenden Messformular gefeiert. Im Petersdom wird das Bild des Seligen im Fenster über der Kathedra enthüllt, auf dem Petersplatz unter der Benediktionsloggia als großer Wandteppich und im Würzburger Dom wird das Bild auch über der Kathedra zu sehen sein.
Gabenprozession
Eine Gabenprozession gehört zu jeder Feier der heiligen Messe und beinhaltet die Bereitung des Altars und das Herbeibringen der Gaben von Brot und Wein. In besonderen Gottesdiensten kann die Gabenprozession erweitert werden, um mit Brot und Wein auch Gegenstände und Symbole des Lebens stellvertretend für das Leben der Feiergemeinde mit zum Altar zu bringen und so Gott anzuvertrauen. Bei der Seligsprechung Georg Häfners werden bewusst Gegenstände und Symbole seines Lebens zum Altar gebracht.
Reliquien
Schon in der alten Kirche spielten die sterblichen Überreste der Verehrten eine besondere Rolle. Über ihren Gräbern errichtete man Kirchen, um in der Feier der Eucharistie mit ihnen in besonderer Weise verbunden zu sein. Im Mittelalter wurden die Knochen der Heiligen und Seligen in andere Kirchen verteilt, um überall diese Glaubensgemeinschaft mit den Heiligen und Seligen zu garantieren. Andere Gegenstände der Heiligen und Seligen – so genannte Berührungsreliquien – sollten die Verehrung durch die Gläubigen unterstützen und fördern. Noch heute können Reliquien in die Altäre mit eingemauert werden, um die Glaubenstradition, in der Gottesdienst gefeiert wird, deutlich zu machen. Von Georg Häfner existieren außer seiner Asche (in der Kiliansgruft des Neumünsters bestattet) nur ganz wenige Knochenstücke. Als Berührungsreliquie wird sein Brevier, sein Stundenbuch in der Gabenprozession mitgetragen.