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Viele Hunde- und Katzenhalter beerdigen ihren tierischen Gefährten auf einem Friedhof

Eine Ruhestätte für das geliebte Tier

Die Katze ist tot. Sie war den Kindern Spielgefährtin und allen ein liebgewonnenes Familienmitglied. In der Fernsehkomödie „Die Notlüge“ wird ausgerechnet an Mariannes 80. Geburtstag (dargestellt von Christine Ostermayer) die Katze ihres Nachbarn überfahren. Die Familie ist kurz vor dem Nervenzusammenbruch, doch die lebenserfahrene ältere Dame bleibt überraschend gelassen: „I hob scho schlimmeres erlebt als a tote Katz“, kommentiert sie. Ihr Nachbar ist freilich untröstlich über den Verlust des geliebten Tieres und spätestens ab dann wird die Komödie zur Tragikomödie.

Es kommt nicht selten vor, dass Tierhalter in ihrer Trauer nicht ernst genommen werden. Das empört den Zoologen und Theologen Rainer Hagencord: „So wurde uns das immer gesagt: ‚Stell dich nicht so an, dann kaufen wir eben eine neue Katze‘. Doch das ist völlig unangemessen.“ Hagencord leitet seit 2009 das Institut für Theologische Zoologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Münster. Als Priester weiß er: „Ein Trauerprozess ist ein Trauerprozess und da gibt es erstmal keinen Unterschied, ob es um die Großmutter oder den Kanarienvogel geht“. Hagencord provoziert mit solchen Aussagen. Aber als Seelsorger kennt er die Trauer der Tierhalter aus der Nähe.

Spielkameraden trauern

Veterinärmediziner bieten Palliativmedizin für Haustiere an und beziehen die Tierhalter selbstverständlich mit ein. Oft hilft am Ende nur noch das Einschläfern durch den Tierarzt, um dem Tier unnötiges Leid zu ersparen. Von den knapp 400 Hunden, die jährlich in Würzburg sterben, betrifft dies laut örtlichem Tierschutzverein über 90 Prozent.

Das war auch bei Hündin Bonnie der Fall. Als klassische Promenadenmischung kam sie als Straßenhund aus einer spanischen Tötungsstation durch ein Tierschutzprogramm nach Würzburg und wurde von dort an die erfahrene Tierhalterin Annie vermittelt. Auf einer Hundewiese erzählt Annie, dass ihre Bonnie vor einigen Wochen nach einem relativ kurzen Hundeleben mit vielen Spielkameraden und viel Zuwendung im Alter von zehn Jahren an einem aufgeplatzten Tumor verstorben ist. „Das kam so plötzlich, dass ich das Tier einschläfern lassen musste. Ich bin wie unter Schock“, klagt die Hundehalterin. Ihr anderer Hund konnte aus Rumänien vor dem Tod gerettet werden. Er hat jetzt sozusagen seinen Bruder verloren. Annie erlebt, wie er mit dem Verlust zu kämpfen hat: „Der weiß überhaupt nicht, was los ist, jetzt, wo Bonnie nicht mehr da ist“.

Neun von zehn eingeschläferten Hunden und Katzen werden in Plastiksäcke verpackt und in der Tierkörperbeseitigungsanlage entsorgt. Wer immer es kann, begräbt sein geliebtes Haustier im eigenen Garten. Wer keinen eigenen Garten hat und die Tierkörperbeseitigungsanlage pietätlos findet, kann sich an einen Tierfriedhof wenden. In Würzburg wird er vom Tierheim selbst betrieben. Der Friedhof umfasst 200 Grabstellen, von denen zurzeit etwa die Hälfte belegt ist. Wer eine Grabstelle pachtet, muss Mitglied im Tierschutzverein sein.

Wer entlang der Gräber läuft, wird entdecken, dass die Trauersymbolik auf Tiergräbern kaum anders ist, als bei menschlichen Ruhestätten; nur eben etwas tierischer und dennoch mit christlicher Symbolik. Blumen und Kerzen umschmeicheln Engelsfiguren und kleine Steinplatten. Einige Gräber werden sorgsam gepflegt, auf anderen wächst langsam Gras durch Rindenmulch und Kieselsteine. Richard Kristner ist für den Friedhof zuständig und kennt sich aus: „Bei uns finden ungefähr 25 Bestattungen pro Jahr statt. Bei fast allen geht es um Hunde und Katzen“, erzählt er. „Etwa die Hälfte der Pächter braucht länger für das Andenken und verlängert die gesetzliche Pachtzeit von drei Jahren. Manche haben sogar Familiengrabstätten über Jahrzehnte für ihre Haustiere.“ Die Bestattung selbst ist meist schlicht und folgt keinem bestimmten Ritus.

Segen für Tiere

Wie aber könnte ein religiöser, ein katholischer Ritus für Tierbestattungen aussehen? Haben Tiere überhaupt eine Seele und reisen in ein Jenseits? „Alle Erlösungsthematik kann bei Tieren weggelassen werden, denn sie werden nicht schuldig“, sagt Theologe Rainer Hagencord und ergänzt: „Wenn selbst Autos, ausbeuterische Firmen, sogar Waffen gesegnet werden, sollte unseren tierischen Mitgeschöpfen der göttliche Segen wohl erst recht gelten. Mit diesbezüglichen Ritualen halte ich mich aber zurück.“ Der theologische Zoologe stellt den Tiersegen stattdessen vom Kopf auf die Füße: „Wir Menschen sollten ein Segen für die Tiere sein. Dabei dürfen wir auch nicht nur an unsere Katzen und Hunde denken. Es gibt leider zwei Sorten von Tieren: die Tiere, die wir füttern, und die Tiere, die wir zu Futter verarbeiten.“ Da herrsche eine Doppelmoral, denn der liebste Hundehalter könne auch derjenige sein, der bedenkenlos Fleisch aus Massentierhaltung konsumiert.

Annie, die Hundehalterin, ist mittlerweile Vegetarierin. Für den Tierfriedhof hat sie sich nicht entschieden. Stattdessen geht sie in ihrem Garten jeden Tag zum Grab von Bonnie, zündet für sie eine Kerze an und trauert.

Jens-Eberhard Jahn/red