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15. Sonntag im Jk, Lj A, 16.7.2023 – Konventamt

Der Sämann – die Saat – der Boden / Gott – sein Wort – wir Menschen

Sind wir offen für das Wort Gottes, für seine Botschaft an uns, seine Weisung? Lassen wir uns von IHM inspirieren, gerade jetzt in den Zeiten des Umbruchs in der Kirche? Vor dem Hintergrund dieser grundsätzlichen Fragen sagte Domkapitular Clemens Bieber bei seiner Predigt im Würzburger Kiliansdom: „Gottes Wort wirkt eben nicht nur durch die Bibellesung in der Liturgie. Es tut gut, das Wort dort zu hören. Noch besser verstehen können wir Gottes Wort durch Erfahrungen im Leben. Und da spricht Gott zu uns besonders wirkungsvoll durch liebevolle, zugewandte, aufmerksame Menschen. In der Nähe von Menschen, die sich und anderen guttun können, die Mut machen, die beistehen, die das Vertrauen in das Leben stärken, die ‚Not sehen und handeln‘, dort kann das Wort Gottes wachsen und gedeihen.“

Die Predigt im Wortlaut:

Zu meiner Diakonenweihe schrieb mir mein damaliger Chef, bei dem ich zunächst als Diakon und dann auch als Kaplan war, einen sehr ermutigenden Brief und legte eine Karte dazu mit dem berühmten Bild von Vincent van Gogh „Der Sämann“.

Vielleicht kennen Sie dieses Bild: Dargestellt ist ein Bauer, der in einer großen Armbewegung Samen auf das Feld streut; direkt über seinem Kopf leuchtet in reinem Gelb ganz groß die Sonne und quer über das Bild erstreckt sich ein knorriger Baumstamm, der das Bild teilt.
An dieses Gemälde denke ich nicht nur, wenn ich – wie heute – das Gleichnis vom Sämann höre. In der für unsere Kirche und ihr Bemühen in unserer Gesellschaft derzeit immer schwierigeren Situation muss ich häufig daran denken: „Ein Sämann ging aus ...“

Mich bewegt die Frage und ich suche nach Gründen, warum unsere Dienste als Caritas der Kirche im sozialen, caritativen Bereich so große Akzeptanz, so hohe Anerkennung und Wertschätzung, so viel Zuspruch erfahren, gleichzeitig aber unsere Kirche, die die vielfältigen Dienste für das Leben für die Menschen in wichtigen Bereichen – zumindest bislang – mit großen finanziellen Engagement mitträgt, warum sie auf zunehmend mehr Ablehnung stößt?

Wenn ich nur an meine eigene Lebens- und Glaubensgeschichte denke, dann bin ich dankbar für all die Menschen, die durch ihr Beispiel, durch ihr Vorbild, durch ihren Einsatz, in mir meine Glaubenspraxis angestoßen haben. Ebenso erlebe ich um mich herum – ob hier in Würzburg oder in den vielen Städten und Gemeinden unserer Diözese – Menschen, die ohne irgendwelche Grundsatzerklärungen ihren Glauben durch ihr Leben, ihren sozialen und caritativen Dienst bezeugen – sowohl im beruflichen wie auch im ehrenamtlichen Einsatz.

Deshalb zurück zum Evangelium: In diesem Gleichnis vom Sämann steckt für mich eine wichtige Botschaft, die wir gerade jetzt in der für die Kirche äußerst kritischen Situation bedenken sollten. Deshalb drei Fragen: Worum geht es also in dem Gleichnis? Welche Vision steckt in diesem Bild? Und wie können wir Frucht bringen?

Eine erste Botschaft, die ich herauslese: Nach der Aussaat, nach unseren Bemühungen bleibt es spannend. Denn es dauert lange, bis wir erfahren, ob die Aussaat Frucht bringt. Das Gleichnis vom Sämann ist zunächst eine traurige Geschichte vom Scheitern und Misserfolg der Saat. Dreimal geht es schief mit dem Samen, einmal nur findet er guten Boden.

Die zweite Botschaft, die ich herauslese, sind die drei Gefahren, die auf die Saat warten:

  • Vögel können die Körner auffressen, so dass der Samen nicht im Boden keimen kann.
  • Auf hartem, steinigem Boden gedeiht auch nichts. Dort kann die Saat keine Wurzeln schlagen.
  • Fällt sie in die Dornen, fehlt ihr Licht, um sich zu entfalten; oder, wie es die Menschen zur Zeit Jesu sahen, die Saat wird von den Dornen erstickt.

Wer ein bisschen mit Pflanzen und Erde zu tun hat, kann das bestätigen. Wenn der Boden gut ist, können wir zuversichtlich sein, dass es eine reiche Ernte geben wird. Es gilt also für guten Boden sorgen!

In Jesu Gleichnissen geht es aber nicht um richtige Anweisungen für die Landwirtschaft. Gleichnisse sind Geschichten vom Reich Gottes. Es geht Jesus um unsere Nähe zu Gott.
Das Wort Gottes ist die Saat, die bei den Menschen auf guten Boden fallen und aufgehen soll.
Schon die junge Christengemeinde machte die Erfahrung, dass die Menschen das Wort unterschiedlich aufnahmen. Schon damals gab es auch Misserfolge in der Verkündigung.

  • Manche hörten das Wort gar nicht oder ließen es sich verleiten, weil es lächerlich gemacht wurde.
  • Andere hörten es, lebten aber nicht danach. Sorgen, Angst, Neid, Raffgier, Egoismus und – wie wir heute sagen würden – Fake-News ließen nicht zu, dass Gottes Wort wirken konnte.
  • Wieder andere waren zwar kurzfristig begeistert, hatten aber keinen langen Atem, um sich in den Herausforderungen des Lebens daran zu halten; letztlich fehlte das Vertrauen.

Bei all diesen Menschen konnte das Wort Gottes nicht wirken. Es kann nur Wurzeln schlagen und keimen, wo Menschen offen sind für Gott, wo sie IHM vertrauen, sein Wort hören, in sich und somit durch ihr Tun zur Wirkung bringen. Die enge Verbindung von Gott, dem Sämann, der Aussaat und dem Ackerboden, also dem dafür offenen Menschen, bringt van Gogh mit der – den Sämann, die Saat und den Boden verbindenden – Erdfarbe zum Ausdruck.
Das ist für mich die dritte Botschaft dieses Evangeliums: Menschen in Gottes Nähe bringen gute Früchte hervor. Es sind zufriedene, erfüllte Menschen, deren Leben gelingt, die nicht umsonst leben, die viel Gutes bewirken; solche Menschen sind wie der gute Boden.

Als engagierte Christen wissen und erleben wir, dass es Erfolg und Misserfolg gibt bei allen Bemühungen, gerade bei der Verkündigung von Gottes Wort und seiner Lebensbotschaft.
Und das ist für mich eine weitere Botschaft in diesem Evangelium: Die Wirkung von Verkündigung ist schlecht in Zahlen zu messen, z.B. in Gottesdienstbesucherzahlen. Der „Erfolg“ zeigt sich nicht zuerst in Zahlen, sondern in guten menschlichen Beziehungen. Deshalb brauchen wir in unseren christlichen Gemeinden und Gemeinschaften ein gutes, vertrauensvolles Klima untereinander.

Gottes Wort wirkt eben nicht nur durch die Bibellesung in der Liturgie. Es tut gut, das Wort dort zu hören. Noch besser verstehen können wir Gottes Wort durch Erfahrungen im Leben. Und da spricht Gott zu uns besonders wirkungsvoll durch liebevolle, zugewandte, aufmerksame Menschen. In der Nähe von Menschen, die sich und anderen guttun können, die Mut machen, die beistehen, die das Vertrauen in das Leben stärken, die „Not sehen und handeln“, dort kann das Wort Gottes wachsen und gedeihen.

In diesen Tagen war ich im Gespräch mit einem Mann, der vor Jahren aus der Kirche ausgetreten war. Seinem hohen Gehalt entsprechend hatte er einen ansehnlichen Beitrag für die Kirche gezahlt. Weil er im Laufe der Zeit immer mehr den Bezug verlor und die Kirche eher kritisch beobachtete, trat er aus. Jetzt, nachdem er seit einigen Jahren den Einsatz der Kirche für Menschen in Not bewusst wahrnahm, entschloss er sich, trotz der eher negativen veröffentlichten Meinung über die Kirche-ihr wieder beizutreten. Er fragte mich, ob ich ihm dabei helfen könne. Seine Begründung: „Mir ist inzwischen klar geworden, dass es weniger um die Institution und ihre Strukturen, sondern um die Werte, die Grundhaltung im Umgang miteinander, die Verantwortung füreinander und damit um den ‚Kitt‘ geht, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Das darf nicht verloren gehen!“

Vielen von uns, den nach wie vor treuen Kirchgängern, ist das vielleicht gar nicht so bewusst. Wir sind es halt so gewohnt. Aber Außenstehende erleben bei uns – gerade in unseren sozialen und caritativen Diensten – viel guten, fruchtbaren Boden. Und genau das ist auch mein Wunsch: dass wir es nicht bei der Mitfeier des Gottesdienstes belassen, sondern dass wir darüber hinaus als Menschen erlebt werden, die anderen Menschen mit Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft begegnen und somit vielleicht ganz unbewusst Bodenbereiter zum Glauben und Wegbereiter zum Leben werden!

Ob ich eine Beratungsstelle für Schwangere besuche, eine Frühförderstelle für Kinder, eine Kindertagesstätte, eine Einrichtung für Menschen mit Behinderungen, eine der vielen Beratungsstellen, eine Jugendhilfeeinrichtung, eine unsere Caritas-Schulen, eine Fachakademie für Sozialpädagogik, eine Ausbildungsstätte für Pflegeberufe, eine Einrichtung für Senioren oder eine der vielen weiteren Angebote für Menschen in unterschiedlichsten Lebenslagen – immer erlebe ich Menschen, die mit großem Engagement ihren Dienst erfüllen und damit Zeugnis geben für Gott, der das Leben der Menschen will.

Jesus verkündet mit seinem Gleichnis die Frohe Botschaft: Gott will, dass wir Frucht bringen. Und wir dürfen vertrauen, dass letztlich alles gut wird, dass sogar Umwege dazugehören, und vor allem, dass Gott für uns sorgt.

Eingangs habe ich gesagt: „Ich suche nach Gründen, warum unsere Dienste als Caritas der Kirche im sozialen und caritativen Bereich so große Akzeptanz, so hohe Anerkennung und Wertschätzung, so viel Zuspruch erfahren, gleichzeitig unsere Kirche, auf zunehmend mehr Ablehnung stößt?“ Ein Grund könnte sein, dass die derzeitigen Überlegungen, um in der aktuellen Krise Kirche zu gestalten, zu wenig von der Sendung und dem Auftrag Jesu inspiriert und geleitet werden, also von seiner Botschaft zum Dienst am Nächsten. Die einen möchten sich am liebsten zurückziehen in ihre frommen Nischen und haben nur die Liturgie im Blick. Andererseits sind viele Verantwortliche mit ihrem Denken nur in organisatorischen Fragen verhaftet, was eher der Strategie von Ökonomen entspricht, die rechnen und berechnen. Gerade jetzt braucht es aber den Mut des „Sämanns“, der im Vertrauen auf Gott reiche Saat ausbringt, in dem er sich absichtslos um die Menschen sorgt und durch seine Einsatz ihr Leben bereichert.

Wenn ich an das Gemälde von Vincent van Gogh denke, an den „Sämann“, der mit einer großen Armbewegung das Saatgut ausstreut, dann wünsche ich mir,

  • dass sein Wort bei jedem von uns – ob treuer Kirchgänger und ehrenamtlich engagiert oder beruflich im Dienst der Kirche – ankommt und in uns Frucht bringt,
  • und dass wir selbst auch dadurch Frucht bringen, dass wir es weitergeben durch unseren Dienst am Leben in Pastoral und Caritas und so in anderen den Boden bereiten für ein von Gott gesegnetes, erfülltes und fruchtbares Leben.

Und wo wir das tun, blüht Leben auf und wächst das Reich Gottes! Da ist Kirche lebendig! Das Bild des Sämanns, das ich zu meiner Diakonenweihe als wichtigen Hinweis bekam, hilft mir, den eigentlichen Auftrag nicht zu vergessen!

Domkapitular Clemens Bieber
www.caritas-wuerzburg.de

Text zur Besinnung

Ich will ja nichts als
hören das Wort, das einzige
das mich lebendig macht
das mich befreit, und
um mich sehen Menschen,
die daran glauben wo wie ich.

Ich will ja nichts als
meine Kniebeugen vor
dem Geheimnis des Glaubens,
nichts als ausstrecken
meine Hand und öffnen
meinen Mund und essen das Heil.

Ich will ja nichts als
auf mich nehmen das Kreuz,
das der Segen uns auferlegt
für sieben neue Tage
und gehen dann, ein
kleiner Friede auf zwei Beinen.

(Lothar Zenetti)