Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Kirchlich Engagierte wünschen sich zum Deutschen Engagement-Tag mehr Entlastung

„Das kann niemand mehr leisten“

Von Lob allein wird man nicht fett. Das bekamen während der Corona-Krise viele Pflegekräfte zu spüren. Und das spüren Ehrenamtliche schon lange. Regelmäßig werden sie mit Lob überschüttet. Ganz besonders dickes Lob gibt es zu speziellen Ereignissen wie dem Deutschen Engagement-Tag, der heuer am 5. und 6. Dezember stattfindet. Viele Ehrenamtliche würden sich wünschen, statt (nur) Lob, mehr konkrete Unterstützung zu erhalten.

Ehrenamtliche brauchen die freiwillige Feuerwehr und der Rettungsdienst. Ehrenamtliche brauchen die katholische Kirche und die katholische Verbandsarbeit. Stefan Oppmann gehört letzterer Gruppe an. Seit 40 Jahren ist der Veitshöchheimer ehrenamtlich in der Kirche tätig. Aktuell fungiert er als Diözesanvorstand der Katholischen Landvolk Bewegung (KLB). Die überbordende Bürokratie rund ums Ehrenamt nervt ihn: „Für jedes kleine Ding, selbst für Blumen vom Blumenacker, benötigt man eine Rechnung, dabei ist es manchmal gar nicht möglich, an eine zu kommen.“ Einiges bezahlt Stefan Oppmann deshalb lieber gleich aus eigener Tasche.

Den Ehrenamtlichen treibt aber auch die Stellenkürzung in der Diözese um: „Die darf nicht auf den Köpfen der kirchlichen Verbandsarbeit vollzogen werden.“ Zum Deutschen Engagement-Tag würde er sich Wertschätzung von teils jahrzehntelanger ehrenamtlicher Arbeit seitens der Bistumsleitung wünschen. Aber auch die Politik müsste sehr viel mehr tun, damit das immer aufwendigere Ehrenamt attraktiv bleibt: „Mein großer Wunsch wäre bezahlter Sonderurlaub für ehrenamtliche Arbeit von fünf Tagen im Jahr.“ Dafür solle sich die Kirche beim Staat stark machen.

Für viele Ehrenamtliche in der Kirche ist es belastend, dass es immer weniger Hauptamtliche gibt. „Wir brauchen in den Pfarreien mehr Gemeinde- und Pastoralreferentinnen“, meint Katharina Völker aus Klingenberg im Kreis Miltenberg. Aktuell würden Ehrenamtliche in den Pfarreien oft für alles, was wegfällt, „von oben“ eingeplant: „Doch das kann niemand mehr leisten.“ Vor allem, weil es sich bei Ehrenamtlichen oft um mehrfach engagierte Menschen handelt. Sie gehen einem Beruf nach, arbeiten in einem Verein mit, kümmern sich um ihre Familien. Daneben sind sie kirchlich engagiert.

Vielfach im Einsatz

Dies trifft auch auf Katharina Völker zu. Sie ist Wortgottesdienstleiterin, Lektorin, spendet die Kommunion, schmückt die Kirche und ist Mitglied im Pfarrgemeinderat. „Ich wünsche mir mehr gut ausgearbeitete Vorlagen zu etwas anderen Gottesdiensten, mit einer modernen Sprache, die den Zeitgeist erfassen“.

Nicole Klein, Pfarrsekretärin in Trennfurt, stimmt ihrer Glaubensschwester Katharina Völker zu: Es bräuchte viel mehr Hauptamtliche zur Entlastung der freiwillig Engagierten. Nicole Klein selbst ist ehrenamtlich als Lektorin und Kirchenschmückerin tätig. Sie gehört der Trennfurter Nachtgebet-Initiative an, setzt sich als Messdiener-Begleiterin ein und sitzt im Pfarrgemeinderat.

Mehr Personal

Manchmal gäbe es ganz kleine Dinge, die Ehrenamtliche entlasten könnten. Davon berichtet Edeltraud Hann aus Mömlingen am Untermain. „Ich würde mir wünschen, dass ich die vielen schriftlichen Sachen, etwa Gottesdienst-Vorlagen, im Pfarrbüro ausdrucken könnte“, sagt die Wortgottesdienstleiterin. Weil sie sich als „Bittstellerin“ vorkommt, druckt sie meist alles selbst aus. Das geht ins Geld. Schließlich sind Druckerpatronen teuer.

„In unserem Frauenbund fehlt eine geistliche Beirätin zur Unterstützung“, meint Hiltrud Pflegshörl, die dem Frauenbund-Vorstandsteam in Trennfurt angehört. Ansonsten würde auch sie, die sich daneben als Lektorin und Pfarrgemeinderätin engagiert, mehr hauptamtliches Personal wünschen. „Seit dem Weggang unserer Gemeindereferentin Gabriele Spahn-Sauer sind viele Angebote wie besondere Gottesdienstformen weggebrochen“, bedauert die Katholikin.

Im Großen und Ganzen zufrieden ist Hans Madinger, seit zehn Jahren ehrenamtlicher Leiter des Caritas-Projekts „Rad & Tat“. Zusammen mit einigen Mitstreitern repariert der Sozialpädagoge in der Würzburger Flüchtlingsunterkunft in der Veitshöchheimer Straße Fahrräder von und mit geflüchteten Menschen. „Wir wären als Gruppe gerne etwas weiblicher und jünger“, sagt er. Diesbezüglich fände er mehr Unterstützung seitens der Caritas wünschenswert.

Image von Engagierten

Reichlich ehrenamtliche Erfahrung hat auch die Katholikin Anita Bartsch aus Böttigheim bei Würzburg. Sie initiierte den Förderverein S.A.m.b.i.A., der Patenschaften für arme Kinder in Sambia vermittelt. Bis heute sitzt sie dem Verein vor. Daneben engagiert sie sich als Prüfungsausschuss-Vorsitzende bei der IHK und gehört der Kirchenverwaltung an. Schließlich ist sie Vorstandsmitglied im Gesangverein „Klangfarben Böttigheim“ sowie Wahlhelferin. Problematisch findet     Bartsch das „Image“ von Ehrenamtlichen: „Menschen im Ehrenamt werden oftmals belächelt oder als Softies degradiert.“ Anerkennung bleibe aus: „Es gibt zwar Galas für Ehrenamtliche, aber die werden oft als Plattform für Politiker genutzt.“ Sehr skeptisch ist die Vereinsvorsitzende gegenüber ehrenamtlichen Promis eingestellt. Im Auftrag von Unicef oder „Plan“ setzten die sich angeblich für benachteiligte Menschen ein. Doch nach Anita Bartschs Beobachtungen ist das oft Show: „Ich habe ganz selten erlebt, dass sich diese Menschen tatsächlich um Benachteiligte kümmern.“

Entlohnung?

Auf unzählige ehrenamtliche Stunden kann Helmut Fries zurückblicken. Der ehemalige Würzburger Schulleiter stand bis vor kurzem dem Förderverein Bahnhofsmission vor. Damit hatte er ein äußerst anspruchsvolles Ehrenamt. Er musste mit Notaren, dem Amtsgericht und dem Finanzamt, Einrichtungen der Stadt sowie mit Caritas, Diakonie und dem Bahnhofsmanagement kooperieren. „Das spielte sich nach einer Zeit der Eingewöhnung und durch wiederholte Kontakte ein“, berichtet er.

Unter zu viel Bürokratie habe er nicht gelitten: „Lästig war allerdings die Korrespondenz mit der Gema.“ Überhaupt war es zeitaufwendig, Veranstaltungen zu organisieren. Wünschen würde sich Helmut Fries mehr konkrete Anerkennung für seine ehrenamtlich engagierten Kollegen. Es sei zwar schön und gut, dass es die Ehrenamtskarte gibt: „Mancher Ehrenamtliche würde sich aber auch über eine angemessene Entlohnung oder eine Geltendmachung in der Steuererklärung freuen.“

Organisationen, Pfarreien oder Vereine, die mit Ehrenamtlichen arbeiten, hätten viele Möglichkeiten, das Engagement konkret wertzuschätzen. „Wir im Förderverein und in der Bahnhofsmission legten großen Wert auf gemeinsame Unternehmungen, Fortbildungen und Erlebnisse“, so Helmut Fries. Dadurch sei das Miteinander gestärkt worden. Um Ehrenamtliche, die anspruchsvolle Freiwilligenjobs übernehmen, zu entlasten, wäre Supervision von Bedeutung.

Ihn selbst habe immer die Herausforderung seines Ehrenamts bei der Stange gehalten. Außerdem habe er durch sein Engagement in der Bahnhofsmission viel gelernt. „In jedem Menschen steckt Reichtum“, habe er erfahren: „Lebenswille, Sehnsucht, Angst, Wut, Hoffnung, Mut, Einsamkeit, Stolz und Würde.“ Ein junger Mensch kann sich in der Kirche als Jugendleiter oder in der Jugendverbandsarbeit engagieren. Das tut Sophia Franz aus Hausen bei Würzburg. Die junge Frau ist Diözesanvorsitzende des BDKJ. „Zum Glück habe ich ein starkes Team an Hauptamtlichen hinter mir“, sagt sie. Um jungen Menschen weiterhin Angebote in der kirchlichen Jugendarbeit machen zu können, wäre es wichtig, steigende Personal- und Sachkosten auszugleichen. Nicht zuletzt wegen der Inflation müsse die Förderung angepasst werden.     

Pat Christ