Würzburg (POW) Mit einem Vortrag des Pastoraltheologen Professor Dr. Ottmar Fuchs (Tübingen) zum Thema „Schuldig und erlöst zugleich? Der Mensch zwischen Bosheit und Güte“ haben Katholische Akademie Domschule, Matthias-Ehrenfried-Haus, Rudolf-Alexander-Schröder-Haus und Palliativakademie der Stiftung Juliusspital am Montagabend, 16. April, die ökumenische Vortragsreihe „Das Rätsel Schuld – lösbar?“ eröffnet. Die Veranstaltungsserie steht unter der Schirmherrschaft von Regionalbischof Helmut Völkel und Bischof Dr. Friedhelm Hofmann. „Die Veranstalter sind überzeugt, dass jeder Mensch die Erfahrung von Schuld macht, gerade auch dann, wenn er keine Möglichkeit von Vergebung sieht; in philosophischer Terminologie gesprochen: Schuld gehört zu den Existentialien, zu den Grundgegebenheiten des menschlichen Lebens“, erläuterte Dr. Jürgen Thomassen, Leiter der Katholischen Akademie Domschule, zum Auftakt.
„Die Menschheitsgeschichte hat viel Gutes hervorgebracht, aber das alles hat zugleich einen furchtbaren Schatten, das Böse“, sagte Fuchs in seinem Vortrag. Das Böse sei eine derart überfallartige Gewalt, dass es tatsächlich so etwas wie eine eigene Macht nicht nur in, sondern auch gegenüber den Menschen behaupte. „Analog dazu ereignet sich Gott nicht nur in den Beziehungen, sondern besitzt eine eigene Wirksamkeit in diesen und diesen gegenüber.“ Es sei wenig verwunderlich, wenn Religionen vom Teufel oder Satan sprechen, um das Geheimnis des Bösen zu benennen. „Wo indes eine kompromisslose Ausblendung der Rede vom Teufel im Namen einer fragwürdigen Aufklärung stattfindet, ist die Sprachlosigkeit der Verkündigung in den Bereichen der menschlichen Erfahrung böser Mächte unausweichlich.“ Ausgehend von Luthers Frage nach der Rechtfertigung legte Fuchs dar, dass der Reformator zunächst versucht habe, sich die Liebe Gottes durch seine spirituellen Leistungen zu erzwingen. „Aber er kann seiner Sündigkeit und Unzulänglichkeit nicht entfliehen.“ In den Paulusbriefen findet Luther den Ausweg aus seinem Dilemma: „Nichts, gar nichts muss ich tun, damit mich Gott liebt. Nicht ein Wenn-dann oder Ja-aber, sondern ein Ohne-wenn-und-aber“ bestimmt diese Beziehung“, betonte Fuchs. Gottes Gnade sei voraussetzungslos.
Das bedeute, dass die Menschen mit ihrer sündigen Seite gerecht gesprochen seien. „Gott kann die Sünde der Menschen nicht zum Anlass nehmen, ihr Leben zu schädigen oder zu beseitigen.“ Kain wurde von Gott gezeichnet, weil er ihn in seinen Lebensschutz aufnahm: „Der Verfluchte ist sein Augapfel.“ Auf diese Weise sei zwar der Sünder gerechtfertigt, nicht aber die Sünde. Jede lebenseinschränkende oder lebenszerstörende Strafe verschärfe immer nur das Problem, sowohl des Leidens und des Todes wie auch der darin gesteigerten Unmöglichkeit der Menschen, sich für die Liebe und für die Gerechtigkeit zu öffnen. „Auf Dauer ist gegen die Neigung zum Bösen kein anderes ‚Kraut’ gewachsen als die niemals zurückgezogene Liebe.“
Gott verkleinere keineswegs die Sünde, um sie dann rechtfertigen zu können. Das Gutsein der Menschen sei nicht Bedingung seiner Gnade, sondern die Gnade sei Bedingung zum Gutwerden. „Vor Gott braucht man nichts vorzuspielen, nichts unter den Tisch zu kehren; vor ihm haben wir es nicht nötig, als ‚feiner Mann’ oder als ‚feine Frau’ dazustehen.“
Die Vortragsreihe wird am Freitag, 20. April, mit musikalischen Antworten auf den Komplex von Schuld und Leid von Bass-Bariton Thomas Rebilas und Organist Gregor Frede um 19 Uhr in der Pfarrkirche der Juliusspitals fortgesetzt. Die Interpretation nimmt Pfarrer Bernhard Stühler vor. Die umstrittene und faszinierende Sequenz der Totenmesse ist Gegenstand des Vortrags „Dies Irae“, den Professor Dr. Ulrich Konrad (Würzburg) und Professor Dr. Alex Stock (Köln) im Auftrag der Domschule am Samstag, 21. April, von 10 bis 17 Uhr im Sankt Burkardushaus halten. Im Matthias-Ehrenfried-Haus geht am Dienstag, 24. April, um 20 Uhr der Würzburger Kinder- und Jugendpsychiater Professor Dr. Andreas Warnke der Frage nach, welche Auswirkungen Schuldgefühle bei Kindern und Jugendlichen haben.
Das Thema Schuld in der Gegenwartsliteratur bespricht der Würzburger Pastoraltheologe Professor Dr. Erich Garhammer am Donnerstag, 26. April, um 19 Uhr in der Palliativakademie. „Paradies und Weltgericht – Schuld und Strafe, Trost und Verheißung in der christlichen Kunst“ ist ein Akademieabend überschrieben, zu dem am Freitag, 27. April, von 17.30 bis 21 Uhr die Domschule in das Sankt Burkardushaus einlädt. Es referiert Professor Dr. Peter Steiner aus Freising, ehe nach einem Imbiss Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen, Bau- und Kunstreferent der Diözese Würzburg, eine thematische Führung durch das Museum am Dom gibt. Weitere Veranstaltungen schließen sich im Mai an. Näheres im Internet unter www.raetsel-schuld.de.
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