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Spuren eines Blutzeugen

Wirken von Pater Franz Reinisch eng verbunden mit dem Bistum Würzburg – Als einziger Priester im Dritten Reich wegen Verweigerung des Fahneneids auf Hitler hingerichtet

Bad Kissingen/Würzburg/Untermerzbach (POW) Ein kurzes Surren, ein dumpfer Schlag. Um 5.03 Uhr saust das Beil des Schafotts im Gefängnis von Brandenburg nach unten und tötet mit roher Gewalt einen unbeugsamen Christen. Gegen alle Widerstände hat er auf sein Gewissen gehört und den Wehrmachtseid auf Adolf Hitler verweigert. Für seine Entscheidung bezahlte Pallottinerpater Franz Reinisch am 21. August 1942 mit dem Leben. Laut der Kommission für Zeitgeschichte in Bonn, die sich mit der katholischen Kirche im 19. und 20. Jahrhundert beschäftigt, war er der einzige Priester im Deutschen Reich, der den Fahneneid auf den Diktator verweigerte und deshalb hingerichtet wurde, weiß Franz-Josef Tremer, Diplom-Theologe aus Fuchsstadt (Landkreis Bad Kissingen). Reinischs Zeugnis ist eng mit dem Bistum Würzburg verbunden.

Seit er als 18-Jähriger erstmals von Reinischs Martyrium erfuhr, ist Tremer ein Bewunderer dieser starken Persönlichkeit, die in enger Beziehung zur Schönstattbewegung stand. So verfasste Reinisch im Jahr 1939 eine kleine Geschichte Schönstatts. Der Gründer der Bewegung, Pater Josef Kentenich, war sein geistlicher Begleiter. „Es gab in Schönstatt, wo die Pallottiner unter anderem wirkten, noch andere Theologen, die diese radikale Idee der Eidverweigerung hatten. Bis zu letzten Konsequenz durchgezogen hat sie aber nur Reinisch“, konstatiert Tremer. Dafür sei er damals innerhalb seiner Ordensgemeinschaft nicht unumstritten gewesen. Inzwischen haben die Pallottiner Pater Heribert Niederschlag (Vallendar) als Postulator bestellt, der sich im Bistum Trier um den Seligsprechungsprozess kümmert. „Ich persönlich halte den Märtyrertod Reinischs bereits für erwiesen“, sagt Tremer.

Bei seinen privaten Forschungen hat er sich an ganz unterschiedlichen Orten auf die Spurensuche gemacht. Eingezogen wird Reinisch, ein Tiroler, am 14. April 1942 in die Kaserne von Bad Kissingen. Aus Protest erscheint er erst einen Tag später dort und entgegnet auf die Frage des Hauptfeldwebels, ob er nicht Wert darauf lege, sich rechtzeitig zu melden, lakonisch: „Ich würde dann Wert darauf legen, wenn das gegenwärtige Regime nicht am Ruder wäre.“ Sein Gewissen verbiete es ihm, auf einen Mann wie Adolf Hitler einen Eid abzulegen.

In der Würzburger Sedanstraße wird Reinisch am 22. April 1942 durch das Gericht der 173. Division vernommen. Dort begründet er seine ablehnende Haltung unter anderem damit, dass die Priesterseminare in Trier und Köln als „staatsfeindliche Institute“ durch die Geheime Staatspolizei aufgehoben worden seien. Es könne von einem erklärten Staatsfeind nicht erwartet werden, dass er Wehrdienst leiste, heißt es im Vernehmungsprotokoll.

Ärgerlich wird Tremer, wenn die Rede auf die Zeitgenossen Reinischs kommt, die sein Vorgehen als Dummheit und Sturheit geißelten, und die Hinrichtung als vermeidbar erachteten. Reinischs Haltung sei keine weltfremde Spinnerei gewesen, sondern die bewusste Entscheidung eines Erwachsenen, der sehr wohl das Leben gekannt habe, betont Tremer. Vor seinem Eintritt ins Priesterseminar studierte Reinisch Rechtsmedizin und Jura. Er habe in dieser Zeit auch zwei Beziehungen zu Frauen gehabt.

Bei seinen Recherchen zu Reinischs Wirken traf Tremer unter anderem auch Magdalena Weingärtner, geborene Schilling. Sie wuchs in Untermerzbach neben dem Pallottinerkloster auf und lernte als junges Mädchen den späteren Märtyrer kennen. Er wurde ihr zum geistlichen Begleiter. Tremer berichtet, sie habe noch heute zahlreiche Briefe, in denen sie von Reinisch bei ihren Lebensentscheidungen beraten wurde.

Im Nachlass Reinischs fand der Fuchsstädter Theologe bei seinen Nachforschungen ein anderes interessantes Papier: ein Andachtsbildchen vom Wallfahrtsort Vierzehnheiligen, auf dem handschriftlich geschrieben steht: „Z. fr. Erinnerung an die Prozession: 24.V.1925 G. Häfner, Kaplan.“ Die Authentizität dieser Unterschrift habe ihm der Würzburger Domdekan Monsignore Günter Putz bestätigt, der Postulator im Seligsprechungsprozess für Häfner ist. Auf diese Weise sei belegt, dass diese beiden Priester, die jeweils auf ihre eigene Weise Widerstand gegen die Nationalsozialisten leisteten und dafür mit ihrem Leben bezahlten, wohl einander gekannt haben, betont Tremer. Außerdem habe er herausgefunden, dass Reinisch 1939 in Würzburg einen Einkehrtag für Mädchen gehalten habe, wahrscheinlich in Himmelspforten. „Ich finde es bedauerlich, dass die Stadt Würzburg bis heute nicht auf meinen Vorschlag aus dem Jahr 1999 reagiert hat, eine Straße nach Reinisch zu benennen.“

Besonders sorgsam hütet Tremer eines der letzten Schriftstücke, das Reinisch kurz vor seiner Hinrichtung verfasste, und dessen Echtheit der Pallottinerpater Johannes Tick handschriftlich dokumentiert hat: Eine Postkarte aus der Todeszelle, auf die der Priester geschrieben hat: „Lieben und Leiden in Freuden. F. Reinisch“. Tremer folgert: „Für mich ist er damit einer der ersten Befreiungstheologen, oder provozierend gesagt: das Christussymbol des 20. Jahrhunderts.“

Zur Person:

Franz Reinisch wird am 1. Februar 1903 in Feldkirch-Altenstadt (Österreich) geboren. Er wächst in Innsbruck auf. 1922 beginnt er dort ein Jura-Studium. Anfang 1923 wechselt Reinisch nach Kiel, um dort Gerichtsmedizin zu studieren. Im Juli kehrt er mit dem Entschluss, Priester zu werden, nach Hause zurück und nimmt in Innsbruck das Studium der Theologie und Philosophie auf. 1925 tritt er in Brixen in das Priesterseminar ein. Am 29. Juni 1928 empfängt Reinisch in Innsbruck die Priesterweihe und tritt im November in Untermerzbach in den Haßbergen bei den Pallottinern ein. 1930 legt er die erste Profess ab und wird Lektor für Philosophie. 1933 wechselt er nach Friedberg bei Augsburg, wo er im Mutterhaus der Süddeutschen Pallottinerprovinz für die Jugendarbeit zuständig ist. Durch die Priesterzeitschrift „Sal terrae“ kommt er erstmals mit Schönstatt in Kontakt. 1934 wird Reinisch Spiritual in Salzburg. 1935 versetzen die Pallottiner ihn nach Konstanz. Reinisch erkrankt an den Nieren und wird 1936 zur Erholung nach Hohenrechberg versetzt. 1937 erfolgt seine Versetzung nach Salzburg, 1938 schickt seine Gemeinschaft ihn nach Schönstatt. Im Auftrag der Bewegung hält er in ganz Deutschland Exerzitien, Einkehrtage und Tagungen.1940 erteilt die Gestapo Reinisch ein Redeverbot. Dem Wehrmacht-Stellungsbefehl zum 14. April 1942 kommt er absichtlich mit einem Tag Verspätung nach. Am 7. Juli 1942 wird er vom Berliner Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt und am 21. August 1942 in Brandenburg hingerichtet.

(1210/0387; E-Mail voraus)

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