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Sozialsysteme nicht mehr lange finanzierbar

Pro und contra Bürgergeld – Interessierte diskutieren beim Schlossgespräch des Familienbunds der Katholiken auf Schloss Hallburg

Volkach/Würzburg (POW) Soll die Politik mit einer Grundsicherung einen kompletten Neuanfang in den sozialen Sicherungssystemen wagen oder lieber mutige Reformschritte innerhalb des bestehenden Systems gehen? Eine heiße Debatte über das Für und Wider haben die Referenten und Mitglieder des Podiums mit den Interessierten beim Schlossgespräch des Familienbunds der Katholiken (FDK) im Bistum Würzburg auf Schloss Hallburg bei Volkach geführt. „Das Grundeinkommen auf dem Prüfstand der Katholischen Soziallehre“ lautete das Thema des Abends.

Durch die Einführung des Solidarischen Bürgergeldes könne man sicherstellen, dass jeder genug zum Leben hat, erklärte Hermann Binkert, Leiter des Instituts für neue soziale Antworten in Erfurt, und referierte über die Vorteile dieses Modells. Es sieht eine Grundsicherung von 600 Euro pro Erwachsenem und 300 Euro pro Kind vor. Zusätzlich werden 200 Euro „Kopfpauschale“ für die Kranken- und Pflegeversicherung übernommen. Wer weniger als 1600 Euro im Monat verdiene, zahle keine Einkommensteuer, darüber liege der Einkommensteuersatz fest bei 25 Prozent auf allen Einkünften. Das Bürgergeld sinke mit steigendem Einkommen. „Es muss immer attraktiver sein zu arbeiten als nichts zu tun“, erklärte Binkert. Aber es sollten die Möglichkeiten erweitert werden, alle Arten von Arbeit zu honorieren, auch die im Ehrenamt.

Eine intelligente Weiterentwicklung und Modifizierung bestehender Sicherungssysteme berge geringere Risiken und biete ähnliche Vorteile, hielt Dr. Gerhard Kruip dagegen. Für den Professor für Christliche Anthropologie und Sozialethik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die Entscheidung über ein Solidarisches Bürgergeld ein kompliziertes Abwägungsproblem zwischen Vor- und Nachteilen, die momentan nur teilweise sicher abgeschätzt werden könnten. Aus Kruips Sicht birgt dieses Modell jedoch mehr Nach- als Vorteile. Er mahnte an, dass bei einer Umsetzung eine massive Gerechtigkeitslücke entstehe, unter anderem mit Blick auf die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten und Mieten in Deutschland und den Wegfall der Steuerprogression. Letzteres bedeute eine größere Ungleichheit zwischen mittleren und höheren Einkommen. Es bestehe die Gefahr einer weiteren Entsolidarisierung der Gesellschaft, erklärte er. „25 Prozent Einkommensteuer ist eine Illusion, damit kommt man nicht aus“, machte Kruip deutlich. Unter realistischen Annahmen müsse das Bürgergeld-Modell deutlich modifiziert werden und würde dabei viel von seinem „Charme“ verlieren.

Einig waren sich beide Referenten, dass die bestehenden Sozialsysteme für Gesundheit und Pflege, Rente und Arbeitslosigkeit auf Dauer nicht halt- und finanzierbar sind. Für Diakon Peter Hartlaub, Diözesanpräses der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), ist das garantierte Grundeinkommen nicht der richtige Weg. Er sehe darin die Gefahr, dass die Solidarität der Arbeitenden gegenüber den Nichtarbeitenden überstrapaziert werde.

In der abschließenden Bewertung kam FDK-Diözesanvorsitzender Michael Kroschewski zum Schluss, dass die Gesellschaft dringend einen Wandel bei den sozialen Systemen brauche. Derzeit seien, wie durch das Bundesverfassungsgericht mehrfach nachgewiesen, vor allem die Familien und Kinder die Leidtragenden, erklärte er. „Das Problem der Armut von Familien, wie es der bayerische Sozialbericht 2009 wieder einmal eindringlich belegt, ist ein weiterer Skandal, der gelöst werden muss.“ Er zeigte sich dankbar für den sachlichen und fairen „Streit“ des Abends. Trotz aller hilfreichen Informationen zitierte er zum Schluss Goethe: „Da steh‘ ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor!“ Er kündigte an, sich weiter über die verschiedenen Modelle und deren Finanzierungsmöglichkeiten zu informieren.

(5009/1456; E-Mail voraus)

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