Würzburg/Aschaffenburg/Bad Neustadt/Haßfurt (POW) „Wir sind nicht das zufällige Produkt der Evolution. Jeder von uns ist die Frucht eines Gedankens Gottes‘. Jeder ist gewollt, jeder ist geliebt, jeder ist gebraucht.“ Mit diesen Worten von Papst Benedikt XVI. hat der Vorsitzende des diözesanen Caritasverbands, Domkapitular Dietrich Seidel, den Vinzenztag der Caritas am Freitag, 26. September, in der Würzburger Don Bosco-Schule eröffnet. Rund 150 Gäste aus Politik und Kirche waren gekommen, um sich zum Caritas-Jahresthema „Achten statt ächten“ auszutauschen.
Die Förderung benachteiligter Jugendlicher und der Abbau von Vorurteilen gegen sie sind Inhalte der Caritaskampagne. „Es geht um die Talente und Stärken. Jeder hat sie“, sagte Caritasdirektor Martin Pfriem. Umrahmt von Tanzvorführungen des Antonia-Werr-Zentrums Sankt Ludwig und der Video-Clip Dancing Gruppe des Don-Bosco-Berufsbildungswerks hielt der bayerische Landes-Caritasdirektor Karl-Heinz Zerrle das Hauptreferat. Mit Zitaten über die respektlose, tyrannische und verantwortungslose Jugend mag er manchem Erwachsenen aus der Seele gesprochen haben. Allerdings stammten die Zitate von den griechischen Philosophen Sokrates und Aristoteles und waren zirka 2000 Jahre alt. „Dass die Jugend von heute immer schlimmer sei als die jeweilige Elterngeneration, wird gewiss seit Jahrhunderten beklagt.“ Zerrle warb eindringlich um Verständnis: „Die jungen Leute von heute mit ihren Pearcings – das sind wir vor 40 Jahren.“ Pauschale Vorurteile gegen Jugendliche seien nicht gerechtfertigt, man müsse alle fördern und dürfe keinen zurücklassen. Es könne nicht hingenommen werden, dass im vergangenen Jahr in Unterfranken 426 Jugendliche keinen Hauptschulabschluss, in ganz Bayern 5000 junge Menschen keinen Ausbildungsplatz bekommen hätten. Mangelnde Bildung hänge eng mit Armut zusammen. Über 130.000 Kinder unter 15 Jahren lebten in Bayern in Hartz-IV-Haushalten. Viele würden diese Armut wohl vererben, sagte Zerrle.
Höhepunkt der Veranstaltung war die Verleihung des Vinzenzpreises unter Moderation von Petra Langer vom Kirchenfunk. Unterfränkische Einrichtungen der Jugendhilfe hatten hierfür Projekte und Angebote für benachteiligte Jugendliche eingereicht. Die Caritasvorsitzenden Domkapitular Seidel und Landtagsvizepräsidentin Barbara Stamm übergaben die Urkunden. Den ersten Preis und 1500 Euro Preisgeld bekam die Johannes de la Salle-Schule Aschaffenburg für ihre „Kompetenzwerkstatt“. In ihr werden Schüler von Förder- und Hauptschulen auf soziale Kompetenzen aufmerksam gemacht, die sie sich außerhalb der Schule angeeignet haben. In ihren Bewerbungen um Lehrstellen hatten sie diese Stärken bisher nie angegeben. Der Besuch der Kompetenzwerkstatt machte sich schnell bezahlt, mehrere Schüler bekamen Ausbildungsverträge. Da für weitere Kompetenzwerkstätten das Geld fehlte, initiierte die Schule eine kostenlose Fortbildung für 18 Sozialpädagogen und Lehrkräfte, die das Projekt berufsbegleitend und honorarfrei an neun Haupt- und Förderschulen durchführten.
Einen zweiten Preis mit 1000 Euro bekamen die SymPaten – ein Gemeinschaftsprojekt der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB), der Christlichen Arbeiterjugend (CAJ), dem Treffpunkt Ehrenamt und des Förderkreises der Don-Bosco-Berufsschule. SymPaten sind erwachsene Mentoren, die sich ehrenamtlich um benachteiligte Jugendliche kümmern und ihnen Sicherheit und Fähigkeiten im Alltag vermitteln. Ebenfalls einen zweiten Preis und 1000 Euro Preisgeld erhielt der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Haßberge für sein Bildungswochenende „Mein Haus, mein Auto, meine Yacht“. Hauptschüler von 14 bis 17 Jahren bekamen dort das Handwerkszeug vermittelt, um sich selbst kennen zu lernen und Fähigkeiten und Stärken zu entwickeln.
Der mit 500 Euro ausgestattete dritte Preis ging an die Praxisklasse Rhön-Grabfeld der Edmund-Grom-Volksschule Hohenroth. Dort bekommen lernschwache Schüler mit Hilfe intensiver pädagogischer Betreuung und praxisbezogener Ausbildung die Chance auf einen externen Hauptschulabschuss.
Neben den verschiedenen Jugendhilfeeinrichtungen wurden mit der Metzgerei Neugebauer aus Großeibstadt bei Bad Neustadt und Hensel & Partner Fahrzeugbau aus Waldbrunn bei Würzburg auch zwei Firmen ausgezeichnet. Hugo Neugebauer, seit zwei Jahren Präsident der Handwerkskammer Unterfranken, hat sich wie Heinz Hensel, aus dessen Ein-Mann-Karrosseriebaubetrieb ein mittelständisches Unternehmen zum Bau von Feuerwehrfahrzeugen geworden ist, immer für die Ausbildung und Förderung junger Menschen engagiert und dabei auch geringer qualifizierten Jugendlichen Chancen gegeben. Das Preisgeld in Höhe von 500 Euro schenkte Neugebauer, dessen Sohn Marco die Ehrung entgegennahm, der Praxisklasse aus Hohenroth.
(4008/1172; E-Mail voraus)
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